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Ingo Günther, "Worldprocessor," 1988 -

Ingo Günther studierte Ethnologie und Anthropologie bevor er 1978 damit begann sich mit Kunst zu beschäftigen. Während seines Studiums reiste er duch Nordafrika, Nord- und Südamerika sowie durch Asien bevor er als Korrespondent der Vereinten Nationen Flüchtlingscamps in Kambodscha inspizierte. 1984 gründete er gemeinsam mit Peter Fend die "Ocean Earth Construction and Development Corporation" die Rohdaten von den Betreibern kommerzieller Satelliten erwarb und die ausgewerteten Daten an die Medien verkaufte. Günther viel auf das die Informationen die sie an die Medien weiterverkauften die Öffentlichkeit oft nur verzerrt und unvollständig erreichten. Durch diese Beobachtung wurde ihm der Einfluss und die Verantwortung bewusst die mit der Visualisierung statistischer Daten verbunden war. Diese Einsicht hatte entscheidende Auswirkung auf seine künstlerische Entwicklung.

Areas: global consciousness, global awareness, transformation/visualisation

Ingo Günther's Worldprocessor: Lebenserwartung, Schuldenberge.

Worldprocessor

Seit 1988 arbeitet Ingo Günther an einer Sammlung von modifizierten Globen die auf verschiedene Arten statistische Daten visualisieren. Zwischen 1988 und 2005 ist deren Zahl auf über 300 angewachsen die verschiedene "Wahrheiten" aus Günther's Sicht darstellen. Zu den visualisierten Daten gehört zum Beispiel die "Verteilung von Wohlstand" oder "Lebenserwartung," für verschiedene Länder, die einen ernüchternden Eindruck der verschiedenen Lebensbedingungen überall auf der Welt vermitteln.

Jeder der 300 Globen ist in einem unverkennbaren, individuellen Stil gestaltet und stellt eine statistische "Wahrheit" in ihrer globalen Realität dar. Der Globus "Verteilung von Wohlstand" zum Beispiel, lässt erkennen das die 120 Millionen Einwohner Japans dasselbe Einkommen verfügen wie die 3.2 Milliarden Einwohner der 62 ärmsten Länder der Welt.

Zur Sammlung von Statistiken die Günther visualisiert gehören unter anderem: Energieverbrauch, Lebenserwartung, Import und Export von giftigen Substanzen, Löcher in der Ozonschicht, Rüstungsausgaben, politische Gefangene, Bevölkerungsdichte, UN Friedensmissionen, Produktion und Verteilung von Landminen, Erschöpfte Fischgründe, Handelsausgleich, Giftmüllströme in den USA, Nuklearexplosionen, Zeitzonen, Verschmutzung der Weltmeere, Verschmutzer der Weltmeere, Schuldenberge, Finanzgeographie, Flugzeugunglücke, Firmeneinkommen im Vergleich zu Nationaleinkommen, Moody's1 rating, Diasporas, Fahrzeugedichte, Durchschnittstemperaturen, Terrorismus, DNS spuren, Wasserscheiden, Gefängnispopulationen.

Die überwiegend in leuchtenden Farben gehaltenen und transluzenten Globen sind von Innen beleuchtet und werden in einem abgedunkelten Raum ausgestellt. Besucher wandern von Globus zu Globus und tauchen in die verschiedenen Visualisationen ein. Das Werk bezieht seine bestechende Qualität durch die Kontrastierung unterschiedlichster Informationen die völlig harmlose wie z.B. Wasserscheiden neben denen nuklearer Explosionen plaziert. Besucher machen ihre ganz eigenen Entdeckungen und erzeugen selbst die Bedeutungen aus den Informationen die sie auf Ihrem individuellen Pfad durch die Installation, von Globus zu Globus, wahrnehmen. Dieses Erlebnis erzeugt ein ernüchterndes Bewusstsein für die völlig unterschiedlichen Lebensumstände auf der Welt - auf der Basis von schlichter Informationsdarstellung.

Seine Globen sind Manifestationen visualisierten Wissens und zeigen den fundamentalen Unterschied zwischen trockenen numerischen Daten und der Macht graphischer Visualisation. Dies wird hevorgerufen durch die Transformation von statistischen Fakten in ein, in diesem Fall, visuelles Medium - in ein fassliches Format. Ein Beispiel für die Überzeugungskraft des Visuellen.

Günther beschreibt seine Arbeit as “Navigationshilfen für das intellektuelle und emotionale Erfassen der Welt.” 2 Seine Rolle als Künstler bezeichnet er als die eines "Informanten" und unterstreicht das er Emotion in seiner Arbeit vermeidet indem er die Informationen so nüchtern wie möglich präsentiert3 Er verbindet künstlerische, journalistische und wissenschaftliche Methoden und benutzt die Globen als Medien zur Präsentation sozialer, politischer, ökonomischer und militärischer Informationen. Durch diese Anwendung präsentiert er völlig verschiedene Fakten in einem einheitlichen doch mächtigen visuellen Format. Die Stärke dieses Formats liegt darin das es dem individuellen Besucher erlaubt seine ureigene Entdeckungsreise von Globus zu Globus zu machen, die es ihm erlauben eigene, potentiell subversive, Schlüsse aus der Summe der angesammelten Information zu ziehen.

Ingo Günther wurde international bekannt durch seine Teilnahme an verschiedenen Ausstellungen wie der Documenta 8 im Jahr 1987 und durch sein Projekt der "Flüchtlingsrepublik."

Links:
Ein sehr gutes Beispiel ihres Verständnisses zur Auswertung von Satellitenbildern ist dokumentiert im "Whole Earth Review" vom Frühjahr 1986, Seite 62-64, "What have you got to hide?" von Peter Fend und Ingo Günther
http://www.refugee.net.
http://www.worldprocessor.com
http://world-information.org/wio/pressroom/releases/992545685
Ein Interview von 2002 mit Ingo Günther von Eriko Nakagawa für SHIFT/Japan: http://www.shift.jp.org/057/ingogunther/
Faszinierende Präsentation Ingo Günther's als als mp3 während der Poptech http://www.podcastdirectory.com/podcasts/3 (relativ weit unten) die einen guten Einblick gibt.
1 Moody’s rating ist ein Service für Investoren bei dem durch die Erforschung und Analyse ökonomischer Daten auf die Performanz kommerzieller und staatlicher Körperschaften geschlossen wird.
2 Neues Museum Weserberg, Bremen http://www.nmwb.de/nmwb_deu/1tp_ausst_rez.php?ipress=13 (German only), exzellente Information und Interview mit dem Künstler.
3 (ibid.) "I want my work to be as cold as possible, trying to avoid emotionality at all costs."

letzte Änderungen: 7.1.02008 0:53

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