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David Rokeby: "Very Nervous System," 1983-1996

"Die Installation ist eine komplexe Feedbackschleife. Dieses Feedback ist nicht einfach 'negativ" oder 'positiv,' verstärkend oder hemmend; stattdessen unterliegt die Schleife ständiger Veränderung da die Elemente, Mensch und Computer, aufeinander reagieren. Beide "reagieren" solange bis sich das Bedürfnis nach Kontrolle verliert und sich ein Verhältnis von Begegnung und Beteiligung entwickelt."(Rokeby)

Areas: Biofeedback, transformation, engagement

Image: D.Rokeby

"Very Nervous System" wurde zwischen 1983 und 1996 geschaffen. Das System benutzt Videokameras, Computer und Synthesiser um einen Raum zu schaffen in dem feinste Körperbewegungen in eine Echtzeit-Schleife von Sound oder Musik transformiert werden. Das resultierende Erlebnis ist nur schwer in Worte zu fassen, sehr intensiv, tief und bewegend.

Rokeby hat diese Technologie über 10 Jahre erforscht und ist sehr vertraut mit den resultierenden Effekten. Er hat sehr wenig geschrieben, allerdings ist das wenige dass er geschrieben hat überaus profund; Voller intelligenter Einsichten, Gedanken und Beobachtungen. Es gibt wohl nur wenige Künstler die die Reaktion auf Ihre Arbeiten so intensiv und kritisch reflektiert haben.

Zitat: "Eine Stunde dieses kontinuierlichen, direkten feedbacks in diesem System verstärkt sehr stark den Eindruck mit dem umgebenden Raum direkt verbunden zu sein. Wenn ich nach der Benutzung die Strasse hinunter gehe fühle ich mich mit allen Dingen verbunden. Das Geräusch eines Wagens der durch eine Pfütze fährt erscheint direkt mit meiner Körperbewegung in Verbindung zu stehen. Ich fühle mich einbezogen in jede Aktivität um mich herum. Auf der anderen Seite, wenn ich eine CD einlege, fühle ich mich schnell betrogen, da die Musik sich durch meine Aktionen nicht verändert.“
"Die diffuse, parallele Art der Interaktion und die Intensität der interaktiven Feedback-Schleife kann einen Zustand erzeugen der beinahe Schamanistisch ist.”
"Ironisch ist, das eine weit-offene Interaktion innerhalb eines Systems das keine signifikanten Beschränkungen auferlegt von den Interakteuren üblicherweise als unbefriedigend erlebt wird. ... Meine Erfahrung ist das das Gefühl das System direkt zu beeinflussen ansteigt, bis zu einem gewissen Punkt, indem die (sic) Freiheit das System zu beeinflussen zunehmend eingeschränkt wird. Diese Beschränkungen beschreiben den Bezugsrahmen, den Kontext, innerhalb dessen die (überhaupt) Interaktion erlebt werden kann.”

Rokeby ist sich der Folgerungen seiner Arbeit durchaus bewusst da er sie mit VNS intensiv in den Jahren zwischen 1983 und 1996 eingehend studiert hat. Er beschreibt das das Interface selbst der Inhalt sei, und erweitert ihn in diesem Sinne auch auf andere Interfaces. Er sagt: “Ob wir es wollen oder nicht, wir re-designen die Art und Weise wie wir die Welt und einander wahrnehmen.”

In einem Erweiterten Sinne erwähnt er wie sich diese Prinzipien auch auf Interaktionsdesign im allgemeinen beziehen liessen: “Umgang mit Technologien verändert auch die Art wie wir über unsere Erlebnisse sprechen und denken.” sowie “Wenn Kultur im Kontext interaktiver Medien etwas wird das wir "tun" dann ist es das Interface das definiert wie wir dies tun und wie sich dieses "tun" anfühlt.

Hiroshi Iishi machte ein ähnliches Statement während der HCI Konferenz in Bath in 2003. Menschen die mit "tangible bits" interagiert hatten benutzten auch später ihre Hände um Objekte auf dem Tisch hin- und her zu bewegen. Während wir meinen wir machten etwas mit dem Computer is es tatsächlich so das der Computer etwas mit uns macht! “Interfaces hinterlassen Eindrücke in unserer Wahrnehmung die wir widerum mit hinaus in die Welt nehmen.
Rokeby beschreibt wie er mit dem Wagen falsch abbiegt und mental nach einem 'undo' Schalter sucht. Im Netz gibt es die Sammlung solchartiger Erlebnisse die “You know you’ve been hacking too long” heisst. Einige ziehen sogar langfristige Wahrnehmungsveränderungen nach sich.
http://perso.ens-lyon.fr/nicolas.bernard/misc/ykwybhtl.txt

Was Rokepy's Werk mit "Freequent_Traveller," "Ephemer," "Videoplace" und anderen interaktiven Arbeiten gemeinsam hat ist eine erhöhte Wahrnehmung des eigenen Körpers durch synchronisiertes Feedback. Den eigenen Körper wahrnehmen steht jeweils im Zentrum. (Konventionelle Interaktion mit einem Rechner, zum Beispiel mit einer Maus, ist zwar ebenfalls ein geschlossener Kreislauf zwischen Hand - Maus, Auge und Cursor, aber diese Interaktion wird im handumdrehen "impliziertes" (Polanyi) und internalisiertes Wissen - von vorhanden nach zuhanden. Ein Zeichen dafür wie gut diese Art von Feedback funktioniert. Die Maus ist mehr ein zwei-dimensionales und nützliches Hilfsgerät denn ein lustvolles das seine Funktion erfüllt. Es wäre vermutlich durchaus möglich eine Banküberweisung mit einem Dance-Dance-Revolution Tanz-pad zu tätigen, doch muss es einfachere Möglichkeiten geben. Die Maus wird mehr als eine funktionale und reduzierte Erweiterung des eigenen Körpers (zuhanden) erlebt, deren man sich erst wieder bewusst wird wenn etwas nicht richtig funktioniert, etwa sich ein Krümel im Mechanismus verfängt. Diese Aspekte hat Paul Dourish stichhaltig und klar in "Where The Action Is: The Foundations of Embodied Interaction" beschrieben.

VNS erzeugt eine intensive akustische Begegnung mit dem eigenen Körper, der Wahrnehmung der eigenen Körperbewegung, wie etwas in einem akustischen Spiegel. Ähnlich wie wenn man sich zum ersten Mal in einem Spiegel sieht oder die eigene aufgezeichnete Stimme hören würde. Rokeby bezeichnet dieses Phänomen als "Resonanz." Eine Qualität des Selbst, gespiegelt in der Umgebung.

Rokeby's praktische Arbeit wie seine schriftlichen Gedanken dazu sind sehr profund da seine Herangehensweise sehr selbstkritisch, reflektiert und skeptisch. Damit wird sie zur analytischen Forschungstätigkeit. Das wenige das er geschrieben hat zeigt seine tiefe Einsicht in die Materie.

Link:
http://homepage.mac.com/davidrokeby/vns.html

letzte Änderungen: 28.3.02008 13:06

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