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Paul Sermon, "Telematic Vision," 1993


Paul Sermon lebt und forscht in Manchester, England, und ist Schöpfer einer ganzen Reihe von bestechend wie anschaulichen Medienkunstprojekten, die oft gemeinsam mit Andrea Zapp entstanden sind. In "Telematic Vision" sind zwei räumlich getrennte Sofas visuell miteinander verbunden. Diese räumlich-visuelle Verknüpfung entsteht per Video und wird durch Monitore erreicht die vor dem jeweiligen Sofa platziert sind.
Zwei verschiedene Videoeinstellungen werden mit Hilfe eines Bluescreen Videofilters zu einem einzigen Bild gemischt das gleichzeitig an beide Orte gesendet wird. Als Ergebnis dieser Verschmelzung sieht sich ein alleine auf dem Sofa sitzender Besucher, auf dem Monitor, sich dieses Sofa mit anderen Menschen teilen.
Dieser technische Aufbau erzeugt ein neuartiges psychologisches Raumerlebnis der als ein Verlust an Kontrolle und Intimität erlebt wird, da er den räumlich entfernten Besuchern erlaubt sich im virtuellen Raum des Bildschirms auf unkonventionelle Art und Weise zu verhalten und non-verbal zu kommunizieren. Das Kunstwerk kommt erst zustande wenn sich Menschen an beiden Orten aufhalten und miteinander interagieren. Ohne Teilnehmer keine Kunst. In diesem Werk spielt die Geographie, die "unnatürliche Entfernung" die durch die telematische Video-Verbindung erreicht wird, nicht die entscheidende Rolle. Es ist fast ohne Bedeutung ob sich das andere Sofa im Nebenzimmer oder in einer anderen Stadt befindet. Viel wichtiger ist hier das Spiel mit der Wahrnehmung, dem Körper und sozialen Verhaltensmustern von körperlicher Nähe. Durch den geteilten sozialen Raum des Sofas, kann mit der individuellen Wahrnehmungen des privaten Raums, der Intimsphäre und der Interaktion mit Fremden gespielt werden kann. Das Kunstwerk ist ein soziales; Es basiert auf Interaktion, Kommunikation und lädt zur Teilnahme ein.

Areas: telematische Kunst. Immersion, dialogisch, Kommunikation, Interaktion, teilnahme, Sozialverhalten, Persona, Emphatie,

Der unmittelbar physische Raum tritt zurück während die Teilnehmer in den sich überlappended visuellen telematischen Raum der Monitore hineingezogen werden. 1 Diese ungewöhnliche Situation körperlicher - wenn auch virtueller - Nähe mit Unbekannten bei gleichzeitiger Aufhebung der üblichen Beschränkungen des konventionellen Raums kann zu einem signifikanten Wandel sozialer Interaktion führen. Teilnehmer können in den - virtuellen - sozialen Raum des Fremden, oder sogar dessen Körper eindringen und dadurch mit den konventionellen sozialen und räumlichen Verhaltensmustern spielen. Die Personen können auf verschiedenste Weise miteinander interagieren, was geschieht hängt von der Spontanität der Personen ab und wie originell sie auf dieses Eindringen in Ihre "Privatsphäre" und persönlichen Raum reagiert. Diese bildliche Repräsentation die in Echtzeit reagiert erzeugt einen neuartigen sozialen Raum, einen telematischen Raum den die Benutzer auf ihren Sofas besetzten und in dem sie non-verbal interagieren. Sound ist in dieser Arbeit nicht notwendig da der Körper und Gesten für die Interaktion im Bildraum völlig ausreichend sind. Obwohl die Interaktion im telematischen Raum stattfindet ist der eigentliche Inhalt des Werks der soziale Raum und die Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper.

Here, there: Transformation und Räumlichkeit: Telematic Vision: Zwei Einstellungen von Live-Video werden digital transformiert. Beide Teilnehmer empfangen dasselbe Bild - und nicht nur die Einstellung des Gegenübers. Die räumliche Trennung ist hier wichtiger als der geographische Ort an sich. Die sich kreuzenden Linien stellen dar das die Verbindung einen synchronen wie simultanen Dialog ermöglicht und nicht zwei einseitige Verbindungen (diese würde durch zwei parallele Linien dargestellt.). Die Interaktion erfolgt spatial, bzw. räumlich wozu keine Gegenstände bewegt werden müssen. Das die Linien gepunktet sind zeigt an das eine Transformation stattfindet, hier eine digitale Verschmelzung der zwei unterschiedlichen Video-Einstellungen zu einem einzigen Strom von Bildern. An diesem digitalen Ort verschmelzen die zwei räumlich getrennten Orte zu einem einzigen virtuellen, was neuartige Interaktionen und Kommunikationen ermöglicht und mit den Wahrnehmungsgewohnheiten von Raum und sozialen Konventionen spielt.

In "Telematic Vision" lassen Teilnehmer ihren unmittelbaren, physischen Raum hinter sich und richten ihre Aufmerksamkeit auf den Bildschirm. Sie begegnen ihrem Gegenüber in einem gemeinsam genutzten virtuellen Raum der andersartigen räumlichen Eigenschaften unterliegt als dies der traditionelle, physische Raum tut.
Der Akt der körperlichen Interaktion mit dem Gegenüber ist die Essenz der Arbeit die von ihren Besuchern erzeugt wird. Diese Interaktion ist synchron und simultan indem beide teilnehmenden Seiten miteinander gleichzeitig und zugleich interagieren können.
“Telematic Vision” wurde hier ausgewählt als ein typisches Beispiel Telematischer Kunst. Aus einer Sammlung von klassischer Arbeiten wurde es ausgewählt da es sehr gut telematische Kunst in eine Anwendungen von Kommunkationskunst illustriert, wo der Prozess der Kommunikation der Teilnehmer miteinander, das eigentlich Werk darstellt. Sollten keine Besucher an nur einem der Orte anwesend sein kann das Kunstwerk nicht stattfinden. In seinem Buch “Telepresence & Bioart” (Kac, 2005) bezeichnet Eduardo Kac diese Eigenschaft als "dialogisch." Ein weiteres Beispiel telematischer Kunst stellt Ken Goldberg's "Telegarden" dar. In diesem Garten, der per Internet von überall aus der Welt "besucht" werden kann, können die Besucher selbst - nacheinander - Gewächse pflanzen, giessen oder beobachten. Im "Tele-Garten" jedoch stehen die Aspekte der Kollaboration der Teilnehmer miteinander hintenan. Im Vordergrund steht die Idee der Telepräsenz, der Möglichkeit an einem anderen Ort als dem der körperlichen Anwesenheit Veränderungen zu bewirken sowie den Eindruck an diesem Ort auch zu einem gewissen Grad auch anwesend zu sein und den Ort des tatsächlichen physischen Aufenthalts "zurückzulassen." Ein weiterer Aspekt der sich durch diese Arbeit ergab ist die Disziplin der Tele-Epistemologie, der Wissenschaft der Kritik der Wahrnehmung durch anderer Organe als der der eigenen Sinne. Telepistemologie hinterfragt die Realität des so wahrgenommenen.

Der Reiz des Werks liegt in der Art wie es Teinehmern auf spielerische Weise erlaubt non-verbal miteinander mit Gesten und dem Körper zu interagieren, was zu einem Spiel mit sozialen Konventionen wird. Durch die technische Inszenierung gelingt dies auf eine harmlose und sozial entschärfte Art. Das Diagramm ist nicht in der Lage die Lebendigkeit der Interaktion darzustellen oder die bestechenden sozialen Eigenschaften des Stücks. Indem es sich auf technische Aspekte konzentriert erlaubt es jedoch ansonsten nicht miteinander zu vergleichende Werke miteinander in Beziehung zu setzen.

Resourcen:

1. In dem Aspekt das es Teilnehmer in den virtuellen Raum des Bildschirms hineinzieht erinnert es leicht an Myron Kruger's "reagierender Umgebung" (responsive environment) "Videoplace" von 1969. Dort konnten Teilnehmer auf spielerische Art mit ihrem eigenen Schatten und Hilfe von Gesten mit eingeblendeten Graphiken interagieren. (Wilson, 2003, 735).

Links:

http://telematic.walkerart.org/telereal/sermon_index.html

letzte Änderungen: 7.1.02008 0:53

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